Die sieben Mentalfaktoren für erfolgreiches Lernen
Pauken und Auswendiglernen ist öde! Es gibt einen ganz anderen Weg des Lernens. Eine Art, die Spaß bringt! Eine wirklichen Erfolg versprechende Strategie, bei der Informationen einfach leichter und besser im Gehirn abgespeichert werden und so schnell verfügbar sind.
Letztes Update:
März 18, 2016
Veröffentlicht in
Biohacking & Performance
Pauken und Auswendiglernen ist öde! Es gibt einen ganz anderen Weg des Lernens. Eine Art, die Spaß bringt! Eine wirklichen Erfolg versprechende Strategie, bei der Informationen einfach leichter und besser im Gehirn abgespeichert werden und so schnell verfügbar sind.
Ein neuer Weg des Lernens
Viele stößt der Begriff „Gedächtnistraining“ sehr ab, denn sie werden direkt an ihre Schulzeit erinnert. Schillers „Räuber“ auswendigzulernen, alle unregelmäßigen Verben im Englischen zu „büffeln“ oder sich das Periodensystem der Elemente „reinzupauken“ – war für viele fast ein traumatisches Erlebnis, das gravierendere (und negative) Spuren im Gedächtnis hinterlassen hat als der eigentliche Lernstoff, den man vermutlich längst vergessen hat. Dazu kommen die oftmals angstbesetzten Prüfungssituationen, in denen sich mitunter herausstellte, dass stupides Pauken eigentlich reine Zeitverschwendung war. Nach solchen Kindheits- und Jugend-Erfahrungen der Schulzeit sind viele nicht gewillt, ihr Gedächtnis für dieses geradezu quälende Lernen zu trainieren! Jetzt kommt aber die gute Nachricht! Es gibt einen ganz anderen Weg des Lernens. Eine Art, die Spaß bringt! Eine wirklichen Erfolg versprechende Strategie, bei der Informationen einfach leichter und besser im Gehirn abgespeichert werden und so schnell verfügbar sind.
Mit diesen teilweise neuen, aber auch auf der anderen Seite sehr alten Memo-Techniken wird Lernen um ein Vielfaches effektiver, angenehmer und sogar spaßiger als beim althergebrachten „Pauken und Büffeln“. Als positiven Nebeneffekt wirst Du bemerken, dass wir durch die Lerntechniken, welche ich in diesem Blog darstellen möchte, nicht nur unsere Gedächtnisleistung steigern. Viele andere mentale (kognitive) Fähigkeiten werden sich verbessern, die wir direkt oder indirekt durch den Einsatz meiner beschriebenen Lerntechniken beim Memorieren ganz automatisch und nebenbei trainieren.
Im Folgenden möchte ich diese 7 Mentalfaktoren einzeln näher erläutern, welche im Übrigen auch die Basis der Jahrtausende alten Mnemotechnik (von der griechischen Göttin Mnemosyne abgeleitet, bedeutet Mnemonik „Gedächtniskunst“) bilden.
Transformation
Das Transformieren (lat. für Umwandlung) soll uns helfen, schwer Verdauliches in köstliche Lernhappen „umzuwandeln“. Sehr häufig haben wir es beim Lernen mit vollständig abstrakter Information zu tun, wie z. B. Zahlen oder auch komplizierten Vokabeln. Vermutlich aufgrund der Verarbeitungsprozesse unseres Gedächtnisses ist es im Grunde für jeden Menschen schwer; sich solche abstrakte, also wenig anschauliche Information einzuprägen. In diesem Fall sollte man tunlichst vor bzw. bei dem eigentlichen Lernen eine Transformation durchführen. Damit ist gemeint, dass man den theoretischen und trockenen Lernstoff in einen anschaulicheren und sogar möglichst bildhaften Lernstoff umwandelt und dann auch so abspeichert.Beispiel: Wenn es Euch gelingt, sich die Ordnungszahl 92 des chemischen Elements Uran besser zu merken, indem man sich vorstellt, dass ein lieber Ur-Ahn (z.B. Großvater) tatsächlich auch mit 92 Jahren gestorben ist, dann hat man die abstrakte Zahl prima zu einem emotionsgeladenen (und leichter zu merkenden) Alter transformiert.
Assoziation
Mit diesem Begriff (lat. für verbinden) wird unsere geistige Fähigkeit bezeichnet, Verbindungen zwischen Informationen herzustellen. Diesen Mentalfaktor werdet ihr sicherlich schon häufig beim Lernen eingesetzt haben, denn es ist allgemein bekannt und anerkannt, dass durch diesen Prozess des Assoziierens Lernstoff leicht aufgenommen wird, einfacher abgespeichert wird und auch länger abrufbar bleibt. Gleichzeitig wird dabei auch die Intelligenz gefördert, da es manchmal auf den ersten Blick keineswegs offensichtlich ist, wie man zwei Begriffe oder Lerndaten, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, miteinander gedanklich verbinden soll. Doch durch intelligentes und differenziertes Denken wird man immer schneller und leichter eine für das Einprägen hilfreiche Assoziation finden. Auch wenn es nicht immer gelingen mag, so ist die Bildung von Assoziationen doch in den meisten Fällen beim Lernen möglich. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass man beim assoziativen Lernen zwei Bereiche unterscheiden muss: Zum einen kann man Assoziationen zwischen den neu aufzunehmenden Lerneinheiten bilden und so eine schnellere Abspeicherung des entstandenen Wissenskomplexes erreichen - das Lernpaket wird dadurch quasi größer und markanter; oder man schafft eine Assoziation zwischen dem zu lernenden Material und bereits im Langzeitgedächtnis abgespeichertem Material (diese Art der Assoziationsbildung wird häufiger benutzt). Übrigens ist letzteres die Erklärung dafür, warum man umso leichter lernt, je mehr man bereits weiß und im Langzeitgedächtnis abgespeichert hat – viel abgespeichertes Wissen führt zu vielen Assoziationsmöglichkeiten!Beispiel: Wenn man in dem Pin-Code 8161 die Jahreszahl des Begins vom 30jährigen Krieg erkennt, dann ist dies eine wirklich gelungene Assoziation!
Fantasie
In vielen Schulen, Universitäten und Fortbildungsinstituten wird der Untugend gefrönt, den Lernstoff häufig auf das Wesentliche reduzieren zu wollen. Dies ist vielleicht gut gemeint, aber dieser sogenannte reduktive Ansatz beraubt uns der unermesslichen Kreativität und Fantasie des menschlichen Geistes. Besser ist der sogenannte elaborative, also ausarbeitende, Ansatz - zumindest zum langfristigen Erinnern -. Hierbei wird der zu lernenden Information weitere Inhalte hinzugefügt, die nach Möglichkeit alle Sinne umfassen sollten. Denn zum einfachen und langzeitigen Behalten ist das Einarbeiten von fantasievoller Information immens hilfreich. Es ist fast wie beim Schenken: So manches mal verhilft erst die wunderschöne Verpackung dem darin befindlichen Geschenk zu wahrer Vervollkommnung.
Auch Du wirst im Verlauf meiner Schilderungen erfahren, wie fantasievolles Lernen zu einem „fantas“-tischen Gedächtnis führen wird. Wer sich beispielsweise „snigger“ (das englische Wort für „kichern“) einprägt, indem er sich einen Jungen vorstellt, der sich einen Snickers in den Mund schiebt und dabei kichert, wird diese neue Vokabel sehr viel besser behalten.
Emotion
Dieser Faktor bedarf auf den ersten Blick keiner großen Erläuterung. Jeder weiß, dass Informationen oder Ereignisse über lange Zeit – manchmal (leider) ein Leben lang - in Erinnerung bleiben, wenn sie zu starken emotionale Empfindungen geführt haben. Hirnforscher finden gerade in letzter Zeit immer mehr Beweise, dass Gefühle eine zentrale Rolle für das Erinnern spielen. Man kann fast behaupten, dass Emotionen als perfekter Kleber für Informationen fungieren. Diesen Umstand können wir uns beim Lernen zu Nutze machen, indem wir versuchen, bewusst emotionale Bilder in das zu lernende Material integrieren. Dabei können wir die gesamte Palette unserer Gefühlsregungen nutzen, die uns von der Natur zu Verfügung gestellt wurden: wie Humor, Zorn, Wut, Leidenschaft, Grusel, Erotik, Entspannung und Furcht. Wenn es Dir leicht fällt, sich den Begriff „aride Trockenzone“ für einen Vortrag einzuprägen, wenn Du an den schrecklichen Durst in der Wüste oder an das Death Valley denkst, hast Du das Emotions-Prinzip perfekt umgesetzt.
Logik
Der beste Weg Lernmaterial abzuspeichern ist sicherlich, ein logisches Verständnis für die Thematik zu entwickeln. Doch leider ist dieses nicht immer möglich. Aus vielerlei möglichen Gründen: Entweder wäre es zu zeitaufwendig, die tiefen Zusammenhänge zu verstehen; oder - was häufiger ist - dem Lernmaterial liegt überhaupt keine Logik zu Grunde, wie z. B. bei Vokabeln, Zahlendaten oder Namen. Wenn wir jedoch das Lernmaterial durch die vorher beschriebenen Faktoren bereits in der richtigen Art und Weise aufbereitet haben, sind wir nun fast immer in der Lage, noch dazu unsere Logik und Kombinationsgabe zur noch intensiveren Abspeicherung einzusetzen.
Eine digitale Ziffernfolge wie 101001000100001000100101 kann man sich zum Beispiel besser einprägen, wenn man die auf- und absteigende Folge der Nullen erkennt! Wichtig ist nur, dass man es stets versucht so eine Logik tatsächlich aufzufinden - selbst wenn es eine „künstliche Logik“ ist. Damit meine ich, dass die Dinge, die man in logische Zusammenhänge bringt, fachlich oder themenmäßig gar nichts miteinander zu tun haben müssen. Für diese tolle Abspeichertechnik habe ich den Begriff „Pseudologik“ erfunden.
Lokalisation
Dieser mentale Schritt beim Lernen von neuem Material ist für Euch von allen 7 Faktoren wohl der unbekannteste und doch der älteste methodische Weg, um Wissen so abzuspeichern, dass es nicht nur lückenlos, sondern auch in einer fest gelegten Reihenfolge aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Hierzu nehmen wir ein sogenanntes „Verorten“ des Lernmaterials vor, d. h. wir verankern es beim Lernen an einem ganz bestimmten Ort bzw. Platz (lat. Locus = Ort, Platz, Stelle) einer uns gut bekannten Umgebung (wie das praktisch geht, lernen wir später). An diese Loci-Orte können wir dann in einem „mentalen Spaziergang“, wenn wir das Wissen wiedergeben möchten, gezielt wiederfinden, abrufen und wiedergeben. Diese unglaublich gut funktionierende ganz bedeutende Methode wird später noch genauer erklärt. Sie wird wohl aber bereits verständlich, wenn Ihr Euch überlegt, was Ihr tut, wenn Ihr z.B. Eurer Portmonee in Eurem Haus oder Eurer Wohnung verlegt habt und die hektische und immens nervige Phase des zielloses Herumsuchens hinter Euch habt. Dann werdet Ihr vielleicht im Geiste durch die Räume und an die Stellen gehen, wo Ihr kürzlich wart, als ihr Euer Portmonee noch hattet, und Ihr werdet häufig dann mental nachvollziehen können, ob Ihr es an den jeweiligen Orten abgelegt habt. Meist kommt einem dann der erlösende Gedankenblitz! - nur durch das mentale Abschreiten von Orten.
Visualisation
Diese phänomenale Fähigkeit des Menschen, im Geiste Bilder bzw. Vorstellungen entstehen zu lassen, die wir in der realen Welt aktuell gar nicht durch unsere Sinnesorgane wahrnehmen, ist nicht nur der (nach Einsatz meines Heptagramms) abschließende, sondern vielleicht auch der wichtigste Schritt, um (für andere und manchmal auch für einen selber) unglaubliche Gedächtnisleistungen zu erreichen. (Fast) alle Lerninhalte könnt Ihr mit Unterstützung der oben aufgeführten Mentalfaktoren so deutlich wie möglich im Geiste als „mentales Bild“ vorstellen und in dieser Gestalt vom Gedächtnis abspeichern lassen. Warum ist das wichtig? Nun, weil jeder von uns eine immense Fähigkeit hat, bildhafte, visuelle und die Sinne integrierende Informationen abzuspeichern. So habt Ihr vielleicht auch schon festgestellt, dass sich Telefonnummern oftmals besser im Gedächtnis memorieren lassen, wenn man sich das Muster beim Eintippen auf dem Tastenfeld einprägt – ein sehr nützliches Beispiel für Visualisation (und teilweise auch für motorische/haptische Abspeicherung)!
Diese erstaunlichen visuellen Speicherfähigkeiten unseres Gehirns wurden bereits 1973 von Prof. L. Standing (Kanada) in einem mittlerweile klassisch zu nennenden Experiment bewiesen: Den Versuchspersonen (Studenten) wurden alle 5 Sekunden ein eindeutiges und aussagekräftiges Bild vorgelegt – und zwar insgesamt die immense Anzahl von 1000 Stück. Dann wollte der Professor wissen, wie viele Bilder sich die Studenten davon hatten einprägen können. Und wie sah dafür die Überprüfung der Erinnerung aus? Nun, man gab ihnen im zweiten Teil des Experiments jetzt immer 2 Bilder gleichzeitig zur Ansicht, von denen das eine für die Studenten unbekannt war und das andere bereits im ersten Versuchsteil gezeigt worden war. Das Ergebnis war einfach verblüffend: Im Durchschnitt erinnerten sich die studentischen Probanden an 992 von den 1000 Bildern!!! Aber natürlich stand noch eine Frage im Raum: War die Lernleistung der Studenten einfach ganz generell enorm gut, oder hatte das erstaunliche Speicherergebnis tatsächlich mit den Bildern zu tun? Also führte man das gleiche Experiment in identischer Weise durch, nur dass man die Bilder durch Wörter ersetzte! Das Ergebnis war eindeutig: Der Erinnerungsgrad lag nur bei mickrigen 70%! Konkret heißt das: die Studenten hatten bei der Versuchsdurchführung mit den Wörtern 300 Fehler gemacht, im Vergleich zu 8 Fehlern bei Bildern!
Genau dies ist der Grund, warum Ihr bei jedem Lernen unbedingt Eure Visualisationskraft zu Hilfe nehmen solltet. Ferner sollte das in Eurem Kopf entstehende „Mentalbild“, welches quasi stellvertretend für den mehr oder minder abstrakten Lernstoff steht, nicht nur von visueller/optischer Natur sein, sondern Ihr solltet – wenn immer es möglich ist - alle Sinnesmodalitäten in Eurer „Mentalbild“ einbauen, also auch z.B. Töne, Berührungen oder Gerüche. Einstein soll mal gesagt haben: „Visualisationsvermögen ist wichtiger als Wissen“. Dies ist schon mal ein klares Statement von einem der größten Physiker aller Zeiten und eine Untermauerung für meine hier dargestellten Gedächtnis- und Lerntechniken. Doch ich würde gerne in Anlehnung an seinen berühmten Ausspruch folgende erweiternde Behauptung aufstellen: „Visualisationvermögen kann immenses Wissen schaffen“.
Dieser Text lehnt sich an Dr. Karstens erstes Buch „Erfolgsgedächtnis“ (und an sein Bestseller-Lernbuch „Lernen wie ein Weltmeister“) an. Beide Bücher sind im Goldmann-Verlag erschienen.