Computerspiele machen dich schlauer
Eine neue Studie amerikanischer Wissenschaftler sagt aus, dass das Spielen von schnellen Action-Videogames für Lernen und Konzentration förderlich sei. Stimmt das?
Letztes Update:
Februar 06, 2015
Veröffentlicht in
Biohacking & Performance
Computerspiele machen dich schlauer
Erinnerst du dich noch daran, dass du deine Kinder ermahnt hast, sie sollten nicht so viel Zeit mit Computer- oder Videospielen verbringen? "Kannst du nicht etwas Intelligenteres tun, als Zombies zu erschießen", wirst du dich gefragt haben. "Lies lieber ein gutes Buch oder mach deine Hausaufgaben!" Computerspielen verblödet, ist allgemeine Ansicht. Jetzt aber erschien eine Studie amerikanischer Wissenschaftler, die genau das Gegenteil behauptet, nämlich dass das Spielen von schnellen Action-Videogames für Lernen und Konzentration förderlich sei.
Laut dieser Studie sind Menschen, die Videospiele wie das Actiongame "Call of Duty" spielen, besser beim Multitasking, bei kognitiven Aufgaben wie der mentalen Rotation von Objekten und in der Konzentration und dem Behalten von Informationen, ja sie haben sogar eine bessere visuelle Wahrnehmung, bezüglich Graustufenwahrnehmung, Auflösung kleiner Details etc. Gamer können zudem Informationen schneller verarbeiten und sind in der Lage blitzschnell Entscheidungen zu fällen (vgl. Spiegel). Wie ist das möglich?
Computerspiele schaffen bessere Voraussagefähigkeiten
Die Leiterin der Studie, Daphne Bavelier, Professorin für Brain and Cognitive Sciences an der University of Rochester, New York, erklärt dazu: "Unser Gehirn versucht immer herauszufinden, was als nächstes kommt, ob wir uns in einem Gespräch befinden, Auto fahren oder sogar eine Gehirnoperation durchführen. Um seine Voraussagefähigkeiten zu schärfen, entwickelt das Gehirn ständig Modelle oder Muster von der Welt. Je besser diese Modelle sind, desto besser ist die Leistungsfähigkeit des Gehirns. Und durch unsere Forschungen wissen wir: das Spielen von Computergames kann tatsächlich zu besseren Modellen führen."
Um dieses Effekt messen zu können, ließen die Wissenschaftler eine Gruppe von Studenten über einen Zeitraum von neun Wochen 50 Stunden lang (in Einheiten von 40 Minuten) Computerspiele spielen. Sie spielten zwei sehr unterschiedliche Arten von Games: ein actiongeladenes Shooter-Spiel und ein Simulationsspiel mit wenig Action. Dann ließ man beide Gruppen eine Wahrnehmungs-Lernaufgabe durchführen. Sehr überraschend für die Forscher war es, um wie vieles schneller die Actiongame-Spieler neue Muster aufbauen und verfeinern konnten im Vergleich zu den Spielern langsamer Spiele. Und sie konnten diese Muster nicht nur schneller aufbauen, sie konnten das sogar machen, während sie mit anderen Aktivitäten beschäftigt waren. Die Actiongame-Spieler waren zu Beginn der Wahrnehmungs-Lernaufgabe nicht von der Nicht-Actionspielern zu unterscheiden, sie hatten also kein besseres Muster", sagt Bavelier, "aber sie entwickelten bessere Muster viel, viel schneller und zeigten so eine deutlich steilere Lernkurve."
Gamer sind konzentrierter, aufmerksamer und lösungsorientierter
Nach Ende des Trainings verloren die Videogame-Spieler ihre neu erworbenen Fähigkeiten nicht gleich wieder. Bei einem Nachtest ein Jahr später fanden die Forscher, dass die Actiongame-Spieler immer noch besser waren als untrainierte Personen. Sie hatten also die Fähigkeit, schneller bessere Muster zu bilden, behalten. "Gleichzeitig", so Bavelier, "konnten wir uns die Auswirkung von Computerspielen auf das Gehirn ansehen und wir finden vor allem Veränderungen in den neuronalen Netzen, welche die Aufmerksamkeit steuern. Dazu gehören neuronale Netze im Parietallappen, der die Ausrichtung von Aufmerksamkeit kontrolliert. Außerdem im Frontallappen, der kontrolliert, wie wir Aufmerksamkeit aufrechterhalten, und im Gyrus cinguli, der kontrolliert, wie wir Aufmerksamkeit zuweisen und regulieren und Widersprüche lösen. In unseren Experimenten beobachten wir, dass die neuronalen Netze in allen drei Gehirnregionen bei Menschen, die Actionspiele spielen, sehr viel effizienter sind.
Dennoch: Gaming nur in Maßen!
Trotzdem, warnt Professor Bavelier, sollten die Ergebnisse Ihrer Studie nicht aus Ausrede dafür genutzt werden, tagelang Videogames zu spielen und die Hausaufgaben zu vernachlässigen. "Ich werde Ihnen nicht erzählen, dass tägliches Computerspielen gut für Ihre Gesundheit sei. Das ist es nicht, und Maßlosigkeit ist nie gut", sagt sie. "Wir wissen, dass Kids die sehr viel Zeit am Computer oder der Videokonsole verbringen, schlechter in der Schule abschneiden. Je mehr Zeit man mit Videospielen verbringt, desto weniger Zeit hat man für die Hausaufgaben und umso schlechter werden die Noten sein."
Quelle: Vikranth R. Bejjanki et al.: Action video game play facilitates the development of better perceptual templates. PNAS 2014 111: 16961-16966. Hier finden SIe einen deutsch untertitelten Vortrag von Professor Bavelier